ab 06.06.2024

Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui

Abschlussproduktion der Schauspielschule Krauss

Zu Gast im Schauspielhaus
 
Abschlussproduktion 2024 der Schauspielschule Krauss
© Michaela Krauss-Boneau

“Am meisten lernte er von dem Clown Valentin, der in einer Bierhalle auftrat.” Bertolt Brecht, Schriften zum Theater – Der Messingkauf


In einer Zeit vor oder nach unserer Zeitrechnung finden 12 Clowns Schutz in einem  Theater. Ausserhalb der Theatermauern herrscht grosse Gefahr. Die Menschenwelt wird mehr und mehr kontrolliert von Kräften, die es sich zum Ziel gemacht haben, die letzte Bastion der Menschlichkeit, die Kreativität und vor allem ihre höchste Vertreterin, die Komik, zu kontrollieren. Letzter Widerstand wird mit Waffengewalt gebrochen. Maschinen und Logarithmen sollen unmittelbare Kunst, Zwischenmenschlichkeit und Empathie übernehmen. Es gilt nur eine Wahrheit – die der Bestimmenden.  Europa und die westliche Welt wird zu dem, was sie ihren ehemaligen Kolonien unterstellen: Eine Bananenrepublik – Eigentlich gefundenes Fressen für Clowns! Und ausgerechnet Humor ist den Vertretern der einfachen Wahrheit, die sich ständig mit der Präposition « VOLKS- » schmücken, ein Dorn im Auge.


Während sich die Clowns in Sicherheit bringen, stossen sie auf zwei Dinge: Letzte, ebenfalls geflohene, Vertreter der analogen Wahrnehmung: Publikum – und einen Text von Bertolt Brecht: “Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui”. Geleitet von ihrer kindlichen Neugier und ihrem unaufhaltsamen Spieltrieb folgend, öffnen sie das Buch …
 

Brecht und Clowns?


Darf das überhaupt sein?
Lassen wir doch den Meister selbst sprechen. In seinen Schriften zum Theater – Der Messingkauf – Gesammelte Werke in 20 Bänden, Band 16, Suhrkamp, Frankfurt/ Main 1967 schreibt Brecht von sich selbst in der dritten Person: “Er war ein junger Mann, als der erste Weltkrieg zu Ende ging. Er studierte Medizin in Süddeutschland. Zwei Dichter und ein Volksclown beeinflußten ihn am meisten. In diesen Jahren wurde der Dichter Büchner, der in den [ dreißiger] Jahren geschrieben hatte, zum ersten Mal aufgeführt, und der Stückeschreiber sah das Fragment »Woyzeck«, außerdem sah er den Dichter Wedekind in seinen Werken auftreten, mit einem Stil, der im Kabarett entwickelt worden war. Wedekind hatte als Bänkelsänger gearbeitet, er sang Balladen zur Laute. Aber am meisten lernte er von dem Clown Valentin, der in einer Bierhalle auftrat. Er spielte in kurzen Skizzen renitente Angestellte, Orchestermusiker oder Photographen, die ihren Unternehmer haßten und lächerlich machten. Den Unternehmer spielte seine Assistentin, eine Volkskomikerin, die sich einen Bauch umschnallte und mit tiefer Stimme sprach. […]”


Bezüglich der Werktreue notiert Brecht: “Seine Schauspieler waren keine Kellner, die das Fleisch zu servieren hatten und deren persönliche, private Gefühle unverschämte Belästigungen genannt wurden. Sie waren weder die Diener des Dichters noch die des Publikums. […] Es gab Späße privater Art, Improvisationen und Extempores auf seiner Bühne, die im alten Theater undenkbar waren.”


Infolgedessen, “back to the roots” sozusagen, werden die Schüler und Schülerinnen des dritten Jahrganges der Schauspielschule Krauss, Brecht als diejenigen Figuren spielen, die am nächsten bei den Herzen der Zusehenden andocken, deren pure szenische Existenz die Poesie ist: .
Clowns.
Möge die Übung misslingen.
 

Andreas Simma, Adriana Salles, Wien im Mai 2024

“Am meisten lernte er von dem Clown Valentin, der in einer Bierhalle auftrat.” Bertolt Brecht, Schriften zum Theater – Der Messingkauf


In einer Zeit vor oder nach unserer Zeitrechnung finden 12 Clowns Schutz in einem  Theater. Ausserhalb der Theatermauern herrscht grosse Gefahr. Die Menschenwelt wird mehr und mehr kontrolliert von Kräften, die es sich zum Ziel gemacht haben, die letzte Bastion der Menschlichkeit, die Kreativität und vor allem ihre höchste Vertreterin, die Komik, zu kontrollieren. Letzter Widerstand wird mit Waffengewalt gebrochen. Maschinen und Logarithmen sollen unmittelbare Kunst, Zwischenmenschlichkeit und Empathie übernehmen. Es gilt nur eine Wahrheit – die der Bestimmenden.  Europa und die westliche Welt wird zu dem, was sie ihren ehemaligen Kolonien unterstellen: Eine Bananenrepublik – Eigentlich gefundenes Fressen für Clowns! Und ausgerechnet Humor ist den Vertretern der einfachen Wahrheit, die sich ständig mit der Präposition « VOLKS- » schmücken, ein Dorn im Auge.


Während sich die Clowns in Sicherheit bringen, stossen sie auf zwei Dinge: Letzte, ebenfalls geflohene, Vertreter der analogen Wahrnehmung: Publikum – und einen Text von Bertolt Brecht: “Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui”. Geleitet von ihrer kindlichen Neugier und ihrem unaufhaltsamen Spieltrieb folgend, öffnen sie das Buch …
 

Brecht und Clowns?


Darf das überhaupt sein?
Lassen wir doch den Meister selbst sprechen. In seinen Schriften zum Theater – Der Messingkauf – Gesammelte Werke in 20 Bänden, Band 16, Suhrkamp, Frankfurt/ Main 1967 schreibt Brecht von sich selbst in der dritten Person: “Er war ein junger Mann, als der erste Weltkrieg zu Ende ging. Er studierte Medizin in Süddeutschland. Zwei Dichter und ein Volksclown beeinflußten ihn am meisten. In diesen Jahren wurde der Dichter Büchner, der in den [ dreißiger] Jahren geschrieben hatte, zum ersten Mal aufgeführt, und der Stückeschreiber sah das Fragment »Woyzeck«, außerdem sah er den Dichter Wedekind in seinen Werken auftreten, mit einem Stil, der im Kabarett entwickelt worden war. Wedekind hatte als Bänkelsänger gearbeitet, er sang Balladen zur Laute. Aber am meisten lernte er von dem Clown Valentin, der in einer Bierhalle auftrat. Er spielte in kurzen Skizzen renitente Angestellte, Orchestermusiker oder Photographen, die ihren Unternehmer haßten und lächerlich machten. Den Unternehmer spielte seine Assistentin, eine Volkskomikerin, die sich einen Bauch umschnallte und mit tiefer Stimme sprach. […]”


Bezüglich der Werktreue notiert Brecht: “Seine Schauspieler waren keine Kellner, die das Fleisch zu servieren hatten und deren persönliche, private Gefühle unverschämte Belästigungen genannt wurden. Sie waren weder die Diener des Dichters noch die des Publikums. […] Es gab Späße privater Art, Improvisationen und Extempores auf seiner Bühne, die im alten Theater undenkbar waren.”


Infolgedessen, “back to the roots” sozusagen, werden die Schüler und Schülerinnen des dritten Jahrganges der Schauspielschule Krauss, Brecht als diejenigen Figuren spielen, die am nächsten bei den Herzen der Zusehenden andocken, deren pure szenische Existenz die Poesie ist: .
Clowns.
Möge die Übung misslingen.
 

Andreas Simma, Adriana Salles, Wien im Mai 2024

Mit
Fanny Alma Fuhs
Vinzent Gebesmair
Jakob Griesser
Alexandra Cat Hörtnagl
Clara Lou Kindel
Mareike Kremsner
Nadine Ohrner
Mirjam Peterschofsky
Iris Pollak
Karoline Sachslehner
David Stöckl
Johannes Tinchon

Leitung: Andreas Simma und Adriana Salles
Assistenz: Amina Nöbauer, Nicolas Hoser
Stimm- und Sprechbildung: Dagmar Truxa
Licht/Technik: Oliver Kratochwill
Kostüme: Ensemble
Rechte: Suhrkamp Verlag
Fotografie: Michaela Krauss-Boneau

Regulärer Eintrittspreis/Normalpreis: 24 Euro
Ermäßigter Eintrittspreis: 18 Euro
(Gilt nur für Menschen in Ausbildung durch Vorweis eines Ausweises sowie für Kolleg:innen.) Es gelten keine Kulturpässe oder sonstige Ermäßigungen.
© Michaela Krauss-Boneau
© Michaela Krauss-Boneau
Regie:

Termine

Do, 06. Juni, 19:30 Uhr

Premiere, Zu Gast im Schauspielhaus

Fr, 07. Juni, 19:30 Uhr

Zu Gast im Schauspielhaus

Sa, 08. Juni, 19:30 Uhr

Zu Gast im Schauspielhaus

So, 09. Juni, 19:30 Uhr

Zu Gast im Schauspielhaus