Die vielen Stimmen meines Bruders

(Ein Stück für an- und abwesende Körper)

Premieren:
01.09.2023 Kunstfest Weimar
08.11.2023 Kosmos Theater Wien
14.02.2024 Schauspielhaus Wien

Uraufführung


Gastspiel-Termine:
28.04.2024 41. Heidelberger Stückemarkt
25.05.2024 Dramatiker|innenfestival Graz
10.08.2024 Hin & Weg Festival Litschau
13.10.2024 Grenzenlos Kultur Festival Mainz
19.+20.11.2024 No Limits Festival Berlin
21.+22.03.2025 Schlachthaus Theater Bern

Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde, keine Pause

© Mona Kessler
Ein Bruder und seine Schwester veranstalten ein Stimmen-Casting. Ein Gendefekt sorgt dafür, dass die Stimme des Bruders den Geist aufgibt. Deshalb suchen sie zusammen eine Stimme, mit der er weitersprechen kann. Oder besser: viele Stimmen! Eine für jede Lebenssituation.

Ausgangspunkt ist der Bruder der Autorin, der seit seiner Geburt gehbehindert ist. Er führt ein eigenständiges Leben, studiert, feiert Partys und spielt schon seit vielen Jahren Theater. In den letzten Jahren mindert sich jedoch seine Sprechfähigkeit, und bald wird der Bruder auf eine künstliche Stimme angewiesen sein. Diese Stimme kann er sich aussuchen. Hier beginnt die Phantasie: Was wäre, wenn man mehr als eine Stimme haben könnte? Zum Beispiel die von Ryan Gosling? Was wäre, der Bruder hätte eine Stimme nur für den Montag, eine starke Stimme und eine für die Verführung? Und was macht das mit den Geschwistern, wenn seine Schwester darüber schreibt?

Marie Bues und Anouschka Trocker inszenieren diese Schauspielhaus-Eigenproduktion in Koproduktion mit dem Kosmos Theater Wien und dem Kunstfest Weimar. Teil der Bühnenversion sind Sprachaufnahmen aus dem gleichnamigen Hörspiel, das im Herbst 2023 bei Deutschlandfunk Kultur und Ö1 ausgestrahlt wird. So entstehen eine Radio- und eine Theaterversion dieses Stückes – für Schauspieler:innen mit und ohne Behinderung, die den vielen Stimmen ihre Körper leihen.

Nach der Premiere und weiteren Vorstellungen im Kosmos Theater übersiedelt die Inszenierung ab Februar 2024 ins Schauspielhaus.

In Koproduktion mit dem Kunstfest Weimar und dem Kosmos Theater Wien. In Kooperation mit Deutschlandfunk Kultur und Ö1.
„Schrefel hat eine inklusive Geschwistergeschichte geschrieben, die ebenso empathisch wie poetisch, ebenso klug wie selbstreflexiv ist. Zwei Menschen sind einander in großer Zuneigung, aber unter extrem erschwerenden Bedingungen verbunden. Jede Zuwendung ist auch mit Widerspruch verbunden. Dazu werden nicht nur im Zwischenmenschlichen, sondern auch im Künstlerischen grundsätzliche Fragen gestellt: Was ist Sprechen? Was ist Schreiben? Was ist Spielen? (…) Nach einer Stunde gab es großen Applaus für das Team, die Autorin und ihren ebenfalls anwesenden Bruder. Das neue Schauspielhaus-Quartett (neben Bues sind dies noch Martina Grohmann, Mazlum Nergiz und Tobias Herzberg, der den Abend als Dramaturg betreute) hat seinen ersten Test bestanden.“ APA

„Die vielen Stimmen meines Bruders verhandelt also auf mustergültige und lockere Weise Fragen der Repräsentation. Das impliziert auch das Bewusstsein dafür, wie Menschen adressiert und in welche Kontexte sie gerückt werden.“ STANDARD
 
„Ein behutsames, beglückendes Kammerspiel (…). Dass es hier nicht nur um die Geschichte des Bruders geht, sondern gleichzeitig um das gegenwärtig heißeste Eisen am Theater, die Frage der Repräsentation – “Wer darf für wen sprechen? Wer darf wen spielen?” – ist zwar völlig offensichtlich, aber es wird einem erst nach Ende der Vorstellung bewusst. (…) Dass das gelingt, liegt ebenso am unprätentiösen, genauen und poetischen Text wie an den beiden fulminanten Schauspieler:innen.“ NACHTKRITIK

„Lotto braucht eine neue, eine andere Stimme. Seine eigene wird absehbar verstummen: weitere Folge jenes höchst seltenen Gendefektes, mit dem der 26-Jährige lebt. Er konnte nie gehen oder stehen, sieht sehr schlecht und kann auch mit seinen Händen nicht, wie er will. Seine künftige Sprachassistenz aber soll erstens menschlich klingen und zweitens Stimmen für verschiedene Stimmungen vereinen: eine für anstrengenden Montage, eine verführerische, auch eine, „die sicher klingt und so, als ob sie Ahnung hat.“ Also begeben sich seine Schwester und er auf die Suche danach; sie casten professionelle Sprecher dafür. (…) Zwischen beiden entwickelt sich ein unaufgeregtes, nuancenreiches Spiel mit trockenem Humor, in dem sie gleichsam das Wort vor-, er den Ton angibt. Sie schafft ihm, in Heike Mondscheins Ausstattung, im Wortsinn Rampen, die er befahren oder links liegen lassen kann. Dass Regisseurin Marie Bues gerade vom Theater Rampe Stuttgart ans Schauspielhaus Wien wechselte, mit dem das Kunstfest hier koproduziert, gerät dabei zum Funfact.“ THÜRINGER ALLGEMEINE

„Leonard Grobien ist absolut grandios. (…) Das ist ein extrem wirkungsvolles Spiel, das dann tatsächlich noch philosophisch weitergeht: Er will nämlich nicht nur verschiedene Stimmen für verschiedene Situationen, sondern er träumt sich gegen Ende tatsächlich in all das hinein, das er sich für sein Leben vorstellt.“ DEUTSCHLANDFUNK KULTUR

„Ein intelligentes und unsentimentales Spiel der Repräsentation: Wer darf, soll oder muss sogar wann für wen sprechen, auch und gerade auf dem Theater?“ THEATER DER ZEIT

„"Die vielen Stimmen meines Bruders" ist ein ergreifendes Theaterstück, das ohne übertriebene Effekthascherei auskommt und zum Nachdenken anregt. Es geht um die Beziehung zwischen Geschwistern, berührend dargestellt von Leonard Grobien und Florentine Krafft, sowie die Macht der (eigenen) Stimme.“ KUNSTREFLEKTOR
 
„Im Spiel zwischen Florentine Krafft und Leonard Grobien liegt eine große Vertrautheit, ständig befinden sie sich auf einer Gratwanderung zwischen humorvollem Umgang und bedrückter Stimmung. Mit der Kritik an der fehlenden Sensibilität für Menschen mit Behinderungen schafft es dieses Stück, neben der Dekonstruktion von Stereotypen, auch die vermeintlichen Angsthürden für nicht Betroffene zu durchbrechen. (…) Denn es sind die Muster, in denen die Mehrheit der Gesellschaft denkt und die Umgebung, die sie gestaltet, die diese angebliche Unmöglichkeit kreieren. Letztendlich sind es die Bilder, die es von Behinderung gibt, die behindern.“ DIE JUNGE BÜHNE
 
„Die Schauspielenden Lenard Grobien und Florentine Krafft, verhandeln diese Fragen zu Körpern und ihren (abwesenden) Privilegien auf eine sehr nahbare, verletzliche und authentische Weise, ohne dabei belehrend zu sein oder in schwermütigen Pathos zu verfallen. Eine klare und ehrliche Haltung sich selbst und einander gegenüber ist spürbar, auch in Bezug auf das Publikum. Dem Aussprechen von Unsicherheiten und dem Zustand des Nicht-Wissens wird Raum geben und dabei auf feinfühlige, lustige und berührende Weise miteinander in Beziehung getreten.“ BOHEMA WIEN

„Entgegen den Erwartungen ist das Stück keineswegs eine rührselige Darstellung über das Leben mit einer fortschreitenden Behinderung.
Stattdessen bietet es eine frische, oft unerwartete Perspektive auf die Beziehungen innerhalb der Familie und die persönlichen Kämpfe der Geschwister.“ BIZEPS
Es ist der Sommer 2021, mein Bruder und ich sitzen an der Schlesischen Straße in einem Café, wir tun das zum ersten Mal, weil mein Bruder jünger ist, weil er nicht in Berlin lebt, vielleicht auch, weil ich mir bisher nicht die Zeit dazu genommen habe.
 
Während mein Bruder spricht, muss ich mich anstrengen, um seine Worte zu verstehen, ich muss geduldig sein und offen.
 
Ich muss mir jetzt Zeit nehmen. 
 
Denn mein Bruder hat viel zu erzählen.
 
Und was kannst du machen?, frage ich.
 
Und er: Sprachassistenz.
 
Ich weiß nicht, was das bedeutet, also frage ich, und mein Bruder weiß zwar, was es bedeutet, statt mir aber die technische Grundlage zu erklären, sagt er das, was ich bis heute als sein Geschenk an mich empfinde, er sagt: Man kann sich dann eine Stimme aussuchen.
 
Und als ich das höre, als ich meinen Bruder mit seiner Stimme sagen höre, dass er eine andere Stimme haben könnte, da springt bei mir der Imaginationsapparat an.
 
Auch der Imaginationsapparat hat eine Stimme, er hat eine Stimme, die nur ich hören kann.
 
Ich sage: Kann man mehr als eine haben?
 
Warum nicht, sagt mein Bruder.
 
Und darf ich darüber schreiben?, frage ich.
 
Und mein Bruder sagt: Ja.
 
Das von Co-Regisseurin Anouschka Trocker inszenierte Hörspiel in gleicher Besetzung ist von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum HÖRSPIEL DES MONATS Dezember 2023 gewählt worden.

Alle Informationen hier: darstellendekuenste.de/hoerspiel-des-monats-jahres

Die Ursendung des Hörspiels erfolgte am 7. Dezember 2023 auf Deutschlandfunk Kultur. Das Stück in voller Länge ist unter diesem Link in der DLF-Mediathek abrufbar: www.hoerspielundfeature.de/die-vielen-stimmen-meines-bruders-100.html
Wir ersuchen Sie um rechtzeitige Reservierung von Rollstuhlplätzen unter +431317010118 oder unter karten@schauspielhaus.at
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein
© Heike Mondschein