Der Hans-Gratzer-Preis 2025 geht an Miriam Unterthiner für ihren Text Mundtot
Am Samstagnachmittag wurden die Stückentwürfe der fünf diesjährigen Hans-Gratzer-Stipendiat:innen Arad Dabiri, Carlotta Huys, Màteja Kardelis, Leo Skverer und Miriam Unterthiner auf der Bühne des Schauspielhauses Wien präsentiert. Studierende der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) und des Max-Reinhardt-Seminars sowie Spieler:innen aus dem Schauspielhaus-Ensemble lasen Ausschnitte aus den Texten. Anschließend zog sich die Fachjury, bestehend aus der Lektorin Ruth Feindel, dem Dramatiker Amir Gudarzi, der Dramaturgin und Regisseurin Aslı Kışlal und Schauspielhaus-Ensemblemitglied Sophia Löffler zur Beratung zurück. Nach angeregter Diskussion fiel die Entscheidung der Jury auf Miriam Unterthiner für ihren Stückentwurf Mundtot. Mit dem Preis einher geht ein Stückauftrag in der Höhe von 8000 Euro – samt Uraufführung in der Saison 2025/26.
© Lilien Csomor
Die Jury begründete ihre Entscheidung so: „Die Opfer der Gewalt, die in dem Text angesprochen wird, mögen "mundtot" sein: Die Autorin ist es nicht. Miriam Unterthiners Sprache geht sofort in die Körper und macht die Bühne zu einem Spielfeld – oder Schlachtfeld. Der Drill, dem die jugendlichen Handballerinnen ausgesetzt sind, überträgt sich auch auf das Publikum. Es formiert sich ein kollektives Ich aus mehreren Stimmen, eine Frau-schaft, die sich solidarisch gegen den TrainER wendet. Hier ist eine Autorin am Werk, die auf die Bühne drängt, das Theater kennt und mit seinen Mitteln versiert spielen kann.“
Die Stipendiat:innen 2024/25
Mentorat: Tanja Šljivar
Arad Dabiri mit (hab doch bitte keine) ANGST!
Zwei junge Menschen werden zur selben Zeit in einem Krankenhaus in Wien geboren. Beide wachsen im selben Haus auf, und obwohl ihre täglichen Erfahrungen unterschiedlicher nicht sein können, teilen sie eine Freundschaft und ein Gefühl: eine unbestimmte Angst, die ihnen von Beginn an im Nacken sitzt. Bis an einem Abend alles eskaliert.
Carlotta Huys, geb. 1997 in Hamburg, studierte Theaterwissenschaft und Philosophie in München und Dramaturgie an der HfS Ernst Busch, Berlin. Seit 2018/19 arbeitet sie als freie Dramaturgin für Sprechtheater und Performance, in der Spielzeit 2023/24 fest am Deutschen Theater Göttingen. Von ihr begleitete Produktionen waren unter anderem zu sehen in München, Jena, Hannover und Heidelberg. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit feministischer Kritik und der Dekonstruktion patriarchaler, rassistischer und ableistischer Narrative in Theater und Gesellschaft.
Màteja Kardelis, geboren 2001 in Novi Sad, Serbien, knüpfte seine ersten Kontakte zur darstellenden Kunst in verschiedenen Jugendtheaterkollektiven. Er studiert Theaterregie an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg und arbeitet derzeit an seiner Bachelorarbeit, in der er sich mit der Perspektive von utopischen Räumen für queere Menschen mit Migrationshintergrund auseinandersetzt. Er schreibt, übersetzt und ist als Film- und Theatermacher tätig.
Vergangene Jahrgänge
Hans-Gratzer-Stipendium 2023/24:
Mentorat: Katja Brunner
Yannic Han Biao Federer mit Asiawochen, oder: Der Geist von Bandung
Noëlle Haeseling mit VON FISCHEN UND FRAUEN (Gewinnerin Publikumspreis 2024)
Jona Rausch mit BETONKLOTZ 2000
Sophie Steinbeck mit ihr kinderlein kommet (und gehet doch all)
Guido Wertheimer mit Die realen Geister (Gewinner Hans-Gratzer-Preis 2024)
Das Hans-Gratzer-Stipendium ist ein etabliertes Format in der deutschsprachigen Theaterlandschaft. Das Förderprogramm für angehende Theaterautor:innen trägt nachhaltig zur Stärkung der zeitgenössischen Dramatik im deutschsprachigen Raum bei. Verankert ist das Hans-Gratzer-Stipendium am Schauspielhaus Wien, einem Theater für zeitgenössische Dramatik. Als Labor für Gegenwartsautor:innen sieht es seinen Auftrag darin, neuen Texten und Erzählformen eine Bühne zu geben. Ein Anliegen ist es, das Hans-Gratzer-Stipendium gezielt für breit gefächerte Perspektiven zu öffnen und die Diversität unter den Autor:innen, die Heterogenität der Schreibvorhaben zu befördern.
Kontakt:
Das Hans-Gratzer-Stipendium ist ein Projekt des Schauspielhaus Wien. Die Werkstattlesung findet in Kooperation mit dem Max-Reinhardt-Seminar und dem Institut für Schauspiel der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) statt. Das Preisgeld wird gestiftet von der Literar Mechana. Weitere Kooperationspartner:innen: Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien, Wiener Wortstaetten, Ö1 Soundart: Kunst zum Hören